Ein Erfahrungsbericht über mich. Das Aufgeben ist Teil der Lernkurve.

Nach abgeschlossener Prüfung fuhr ich fix nach Hause, wo schon meine Eltern auf mich warteten. Das Ziel heute? Bad Goisern. Das Rennen? Salzkammergut Trophy. Mit 211 Km Ultramarathon hatte ich mir was vorgenommen. Und mit einem 27er Blatt als kleinstes an meiner 2-Fach Kurbel war ich wohl auch sehr optimistisch, was die Alpen angeht.
Nach einer langen Autofahrt kamen wir am Zielort an, nach einem erfolreichen Bikecheck, Anmeldung, Essen und Besprechung gingen wir dann doch schon um 23:30 Uhr ins Bett. Mh. In nicht ganz 4h klingelt der Wecker. Was mache ich hier – frage ich mich zu dem Zeitpunkt noch nicht. Arndt und ich teilen uns ein Zimmer. Leider auch mit dem Kühlschrank, der alle 15 min zeigt, dass er noch da ist. Wie oft habe ich dieses Summen noch gehört? Unzählige Male, wobei ich glaube, dass Arndt auch nicht wirklich schlafen konnte. Und was mir nicht alles durch den Kopf ging, bevor ich vielleicht 1- max 2h Schlaf hatte.
Der Wecker klingelt, ich nehme mir meine vorgefertigten Brötchen aus dem Kühlschrank und sitze apathisch im Flur um niemand zu wecken, kaue auf meinen Brötchen rum und zähle die Sekunden auf meiner Polar Uhr mit… Was mache ich hier – frage ich mich immer noch nicht. Ich bin tatsächlich motiviert. Aber ich habe Schiss. Hab ich doch gestern noch gesagt, dass es nur eine lange Tour mit Zeitnahme ist, will ich doch heute zeigen, was ich für Leistung bringen kann, um auch im Kreis der Guten und Schnellen akzeptiert zu werden. Es ist dunkel am Start und mein Hinterreifen macht mir Sorgen, weil er ständig Luft lässt, aber ich hatte gehofft, dass es nur über Nacht war und nach dem Aufpumpen endlich dicht ist.
Es geht los. Das Tempo ist gut und wir fahren den ersten langen Anstieg hinauf. 900hm am Stück. Wann hatte ich denn so einen Anstieg das letzte Mal? Ist schon eine Weile her, aber das ist nicht schlimm, denn die Form stimmt und so fahren wir (Steffen Langer und Ich) gemütlich den ersten Berg hoch. Irgendwann öffnen sich die Bäume und ein Panorama von unendlicher Schönheit erstreckt sich in der Ferne. Wow. Die nächsten 60Km verlaufen unglaublich gut. Doch dann fängt es an. Am Assistenzpunkt 6, wo wir das erste Mal Flaschen tauschen wollten, stand niemand. Wie, was? Nee. Bitte nicht. Ich muss also weiter. (Der AP war in Bad Ischl, nicht ausgeschildert und nur schwer zu finden, das hatten meine Eltern nicht gewusst und sich in Bad Ischl mehrmals verfahren, sie waren dann 10min nach mir am AP).
An der folgenden Labestelle muss ich bereits zum 4ten Mal den Reifen aufpumpen und so verpasse ich die Getränkeaufnahme… Nach über 100km hab ich seit knapp einer Stunde schon nur noch ein Paar Tropfen Wasser zu mir genommen und noch schlimmer als das, mein Kopf hatte angefangen Probleme zu machen. Ich hatte zwar das Höhenprofil studiert, aber nicht geschaut, wie die Strecke verläuft. So passierte man einige Abschnitte doppelt und da ich dies nicht wusste, wurde ich immer nervöser. Wie lange fahre ich denn jetzt schon falsch? Bin ich noch richtig? Warum fahre ich hier schon wieder lang? Jetzt bin ich alleine, was nu? Die ersten Krämpfe kündigen sich an. Aber dann, Labestation. Ich esse soviel, wie nie zuvor in einem Rennen, aber es war bereits zu spät. Ich fahre weiter bergauf, aber der Kopf hat zu dem Zeitpunkt schon abgeschlossen. Es sind nun 120km geschafft. Bei einer schwierigen Abfahrt stürze ich noch, weil mein Vordermann nicht von der Strecke geht, als ich von hinten rufe und letztendlich eine recht unfahrbare Linie wählen muss. Nun liege ich dort. Keine Lust mehr aufzustehen. Der Kopf ist einfach dicht, damit auch der Körper eigentlich für die Mülltonne. Ich stehe auf und fahre noch 30km, wo meine Eltern das nächste Mal stehen, diesmal wirklich. Mutti will mir die Flasche reichen mit den Worten „Deine Zeit ist top, hoppa hoppa“, aber ich springe vom Rad stelle es an die Wand und sage „Nein, ich kann nicht mehr“. Ich weiß, dass mein Kopf den Salzberg nicht hochfahren wird. Der berüchtigte Salzberg mit teilweise 30+% Anstieg.
Enttäuscht sitze ich da, weiß nicht, was zu sagen, weiß nicht was zu tun. Ich habe aufgegeben. Ich wollte nie ein Rennen aufgeben, aber es ist mittlerweile so viel schief gegangen, ich musste mein Reifen bereits 5 mal nachpumpen und habe auch schon meine Minipumpe verloren. Sprachlos, enttäuscht und verärgert über mich selbst, entferne ich den Transponder, gebe ihn ab und setze mich ins Auto.
Wie beendet man jetzt so einen Rennbericht? Tja, ich habe vieles gelernt, vor allem wie wichtig es ist sich die Strecke genau auf der Karte anzuschauen, aber auch nicht zu schwammig mit seiner Materialvorbereitung umzugehen.
Ich werde im nächsten Jahr wieder angreifen, schon nur, weil ich es mir jetzt schuldig bin…
 
p.s. weitere Bilder folgen

WEITERE BEITRÄGE AUS DIESER KATEGORIE