Lange anvisiert war es nun am Sonntag endlich soweit. Das Skoda VeloRace startete in Dresden und bei uns im Verein war der Termin schon dick im Kalender angestrichen. Sich als Team präsentieren, auf Sieg fahren – das waren die Ziele.
Die finale Taktik war dabei lange nicht so recht klar. Da mit Martin K. unser bester Sprinter nicht zur Verfügung stand war es auch nicht eindeutig wer von uns wohl der endschnellste Fahrer ist.
Naja, irgendwie viel die Entscheidung dann auf mich. Ich war da sicherlich nicht unglücklich darüber, sehe ich meine Stärken selbst eher im Sprint. Doch fahre ich ja erst seit einem Jahr richtig Rennrad – und dieses hier ist erst mein drittes Rennen.
Hierzu eine kleine persönliche Vorgeschichte:
Letztes Jahr beim VeloRace hatte ich „Lunte gerochen“. Damals hatte ich zwar am Start schon die Führungsgruppe verpasst, dann aber mit einem passablem 39er Schnitt bei einer Menge Führungsarbeit gemerkt das mehr geht. Damals war ich sehr enttäuscht, den Start so leichtsinnig verschlafen zu haben.
Wieso ich hier vom letzten Jahr rede? Weil das der Moment war, in dem ich mich entschlossen, mehr zu wollen!
Den Donnerstag drauf fuhr ich beim RR-Training des RCD mit und war einen Monat später schon Mitglied.
Nun hatte ich also von meinen Vereinskollegen das Vertrauen und die Chance bekommen es besser zu machen.
Die letzten Wochen hatte ich, mit dem Wattgesteuertem Training begonnen. Dadurch konnte ich meine Fitness gut überwachen und es machte Fortschritte sichtbar. Außerdem konnte ich das Anforderungsprofil für das Rennen sehr spezifisch trainieren. Schnelle Antritte über 10-15 Sekunden mit kurzen Erholzeiten sowie Verbesserung der Schwellleistungen waren dabei die Schwerpunkte.
Nun war der Tag da, auf den mein Training die letzten Wochen ausgerichtet war. Nur fühlte ich mich ehrlich gesagt gar nicht wie ein Schlussfahrer. Ziemlich flau im Magen und unheimlich nervös. Acht Fahrer, die alle schon so viel länger fahren als ich, sollten sich für mich abarbeiten und mich bis vor die Ziellinie eskortieren.
Das machte mir mächtig Druck. „Hoffentlich enttäusche ich sie nicht. Hoffentlich gibt es keinen Defekt, Fahrfehler oder gar einen Sturz.“ – naja zu viel Grübeln hilft da auch nichts.
Stefan S. übernahm die Rolle des Kapitäns. Klare Ansage vor dem Rennen, wer was zu machen hat, gaben sofort jedem die Richtung vor. Dazu ein paar Hinweise, auf was alles zu achten sein wird. Auch im Rennen koordinierte er die Bewegungen unserer Fahrer wie beim Schach. Ein mitfahrender sportlicher Leiter, als wenn Ralph Denk neben einem auf dem Bock sitzt.
Aus Startblock F starteten wir als letzter und hatten damit die erste Runde eine Menge RTF-Fahrer der 105er-Runde zu überholen.
Der Puls stand an dem Tag in keinem Verhältnis zu den getretenen Watt-Zahlen. Sicherlich der Aufregung geschuldet. Aber wie das Rennen begann war ich im Tunnel. Kein Gegrübel mehr – stattdessen die ständige Suche nach einer möglichst kraftsparenden Position im Feld. Die erste Runde wird wohl erstmal relativ ruhig werden – entsprechend habe ich mich etwas weiter hinten eingereiht und konnte dadurch mächtig viel Körner sparen. Insgesamt gelang mir die Bewegung im Feld, sonst eher meine Schwäche, recht gut.
Mit einer Ausnahme. Bei einer Tempoverschärfung auf der Waldschlößchenbrücke fuhr ich plötzlich außer der Reihe, dazu Seitenwind – natürlich von meiner Seite. Meine Nebenleute wollten mich nicht zurück in die Reihe lassen, das hätte schon die ersten Körner gekostet – wären wir nicht als Team angetreten. Christian Süß, gestern mal eben noch die 185km Strecke des Krusnoton gefahren, tritt hinter mir an, einfach nur um sich vor mir in den Wind zu setzten. Christian hatte übrigens beim Warmfahren schon bereut sich für heute überredet lassen zu haben. Magen, Beine, ihm ging es noch beschi***er als mir . An dieser Stelle sei schon einmal vorweggenommen, dass er dann trotzdem noch 8. Platz (3.AK) wird – verrückter Kerl!
Das Rennen lief also vor sich hin. Nach Kurven folgten Tempoverschärfung, die die Gruppe nach und nach kleiner werden ließ. Auf dem Fetscherplatz dann ein Schreckmoment – ein lauter Knall – geplatzter Schlauch. Erkenn ich genau, weil hatte ich erst. Obwohl ich das sicher hätte am Lenker merken müssen, schau ich trotzdem vorsichtig nach unten. Sieht alles noch gut aus und vor mir fährt der Verursacher auch schon rechts raus. Glück gehabt.
In der zweiten Runde wurde das Tempo leicht erhöht. Bis zur Tunneldurchfahrt Ammonstraße hatte ich sogar immer mal wieder eine Frau vor mir, sie sollte das Rennen dann auch als schnellste Frau abschließen. Hut ab! Den Tunnel hoch wurde wieder auf’s Pedal gedrückt und seitdem hatte ich sie auch erst im Ziel wieder gesehen. Die folgenden Tempoverschärfungen wurden aggressiver gefahren. Zudem kamen inszenierte Ausreißversuche von Alex, der zwar für uns, aber nicht im Trikot fuhr.
Unser Kapitän Stefan kündigte mir per Signal jede weitere Attacke an. Das half mir immer im richtigen Moment mitzugehen. Generell muss ich mal positiv feststellen, dass ich nicht einen Meter Lücke zufahren musste. Keine Selbstverständlichkeit bei mir .
Die letzte richtige Attacke aus dem Feld folgte dann wieder am Wendepunkt oberhalb der Waldschlößchenbrücke. Entsprechend ging ich als fünfter durch die Kurve, um keinen Anschluss zu verlieren. Ab dem Punkt hatte ich mit Erik einen erfahrenen Fahrer zugeteilt bekommen, der mich besonnen und mit Übersicht im Finale anfahren sollte. Der Sprintzug hatte auf Höhe Albertbrücke auch schon 50 Sachen (bei Gegenwind) drauf, als wir aufgrund eines gestürzten Fahrers auf der Strecke rausnehmen und uns deshalb auf den letzten Metern neu positionieren mussten. Im Moment war ich vorne aber noch viel zu weit weg vom Ziel für einen Alleingang. Erik schob sich mit letzter Kraft noch einmal vor mich und erleichterte mir den letzten Schwung. Nun war mein Moment. Nur auf mich konzentriert und auf das was ich zu leisten fähig bin, schaffte ich die letzten 400 Meter noch 900W über 30s zu halten, in der Spitze knapp 1100W. Trotzdem gelang es einem etwas clevereren Kontrahenten, mit pfiffigem Windschattenfahren, auch meinen Schwung noch mitzunehmen und er schwang sich auf den letzten 100 Metern dann doch noch mit einer guten Fahrradlänge an mir vorbei. Laut Strava fuhr er dabei 56 km/h ich lediglich 54 km/h.
Mitten in die Aufregung des Schlusssprints überkam mich die Ernüchterung. „Nur“ Zweiter. So war das nicht geplant – und dieser herausragenden Teamleistung nicht würdig…
Kurz hinter der Ziellinie höre ich den Sprecher den Namen des Siegers rufen: „Otto, Martin Otto von EBM Seiffen…“
Nachdem ich im Ausrollen noch den Sieger beglückwünscht habe, musste ich jedoch erstmal wieder zu Atem kommen. Sofort waren schon die ersten Teamkollegen um mich herum. Christian und Martin kamen nur 3 Sekunden nach mir ins Ziel.
Zusammen mit der Sauerstoffschuld verflog dann auch recht flott die Ernüchterung und die Erkenntnis welch starke, disziplinierte Mannschaftsleistung man hier demonstriert hat erfüllte uns alle mit Stolz.
Es reichte nicht zum 1. Einzelplatz, aber als Team waren wir spitze!
Mir persönlich fehlte es etwas an der Erfahrung, auch in den letzten Sekunden noch die richtigen Entscheidungen zu treffen. Jetztt bin ich ehrlich gesagt recht froh darüber, dass ich in den nächsten Rennen als Helfer agieren kann. Lieber ein paar Watt mehr zwischendrin und am Ende wissen, dass es noch einen schnelleren in unserem Trikot gibt.
Und dann reicht es auch für 1. Plätze – gemeinsam voran – das leben wir jetzt auch im Rennen!!!
Heavy24 2024 – Großartiges Team, viel Dramatik und Happy End
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